Fukushima: Erschütternde Zukunft der Kinder und Familien

Kazuhiko Kobayashi berichtete in Heilbronn

Heilbronn, 05.12.2013

Der Saal der Heilbronner Genusswerkstatt war mit rund 40 Zuhörern gut besetzt, als Kazuhiko Kobayashi am 30. November unter dem Titel „Fukushima 2013 live“ aus Japan berichtete. Um Genuss ging es dabei allerdings weniger – mehr um Hilflosigkeit der Behörden beim Umgang mit der Katastrophe, aber auch um bewusste Vertuschung, Verharmlosung und Verantwortungslosigkeit gegenüber den betroffenen Bürgern.

Herr Kobayashi, der bereits eine vierwöchige Vortragstournee durch Deutschland mit dicht gedrängtem Programm hinter sich hatte, berichtete über in der Präfektur Fukushima aufgestellte öffentliche Messstationen, deren Umgebung immer sauber gehalten wird, während auf Schulwegen, Spielplätzen und Feldern häufig viel höhere Strahlenbelastungen gefunden werden. Er dokumentierte eigene Messungen, die aufs Jahr hochgerechnet hochgradig gesundheitsgefährdende Strahlendosen nachwiesen. Er berichtete, dass bei amtlichen Untersuchungen bei 40% von 150.000 untersuchten Kindern Anomalien in der Schilddrüse festgestellt wurden und dass sie ohne weitere Aufklärung als „gesund“ nach Hause geschickt wurden, wenn der Durchmesser der Knoten unter 5 mm lag.

Herr Kobayashi schilderte auch persönliche Schicksale – so das des Rinderzüchters, der rund 500 Fleischrinder für den Export in Nobel-Restaurants auf der Weide hält, aber die Aufforderung bekam, die Evakuierungszone zu verlassen, und vom Tierarzt gleich die Ampullen dazu, um seine Rinder tot zu spritzen. Oder von dem Fischer, der von den Eltern seiner Verlobten die Nachricht erhielt, er könne ihre Tochter nicht heiraten, weil sie keine behinderten Enkel haben wollten.

Von Hilflosigkeit zeugen die riesigen Halden blauer Säcke mit abgetragenem verstrahlten Boden, die z.T. direkt neben Wohnhäusern lagern, ebenso wie die enormen Batterien von Tanks, in denen das radioaktive Kühlwasser der havarierten Reaktoren gelagert wird und von denen schon die ersten undicht werden. Beklemmend der Anblick der kleinen Menschlein in Schutzanzügen zwischen den riesigen Tanks, vermutlich teilweise Obdachlose, die nach ein paar Wochen Arbeit im verstrahlten Bereich in eine ungewisse Zukunft entlassen werden.

Die Frage, warum sich in Japan so wenig Widerstand gegen die Atompolitik regt, erklärte Herr Kobayashi mit jahrhundertelanger „Gehirnwäsche“ mit dem Ziel, die Japaner zum Dienen und Gehorchen zu bewegen. Als Alternative zur Atomenergie und zu fossilen Brennstoffen sieht er in Japan vor allem die Geothermie, die in dem Vulkanland reichlich vorhanden ist.

Herr Kobayashi sammelt Spenden für ein Erholungsprojekt für verstrahlte Kinder und ein Ambulanzzentrum, das unabhängige Untersuchungen der Strahlenbelastung von Kindern durchführt und diesen eine medizinische Versorgung anbietet. Bei der Veranstaltung kam ein  Betrag von weit über 500 Euro zusammen. Über weitere Spendenmöglichkeiten gibt das Aktionsbündnis Energiewende Heilbronn Auskunft.